Am 20. Februar fand in Berlin das vierte Treffen der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) innerhalb von nur zwölf Monaten statt. Mehr als 20 Verbände und Initiativen nahmen teil und bewerteten das Treffen als sehr produktiv.
Offenbar hat sich inzwischen ein „rundes“ Veranstaltungsformat für die Treffen herausgebildet. Zu diesem gehört die Einladung von Politikern oder Vertretern von für uns relevanten Organisationen.
Zu Gast war dieses Mal Dr. Reinhold Thiede von der Deutschen Rentenversicherung (DRV), der uns den Stand der Pläne für eine Altersvorsorgepflicht erläuterte, das Gespräch kam aber auch immer wieder auf das Thema Rechtssicherheit/ Scheinselbstständigkeit.
Das im folgenden zusammengefasste Gespräch mit Dr. Thiede fand am frühen Nachmittag statt. Über die diversen am Vormittag besprochenen Themen berichten wir weiter unten.
Diskussion mit Dr. Thiede (DRV) zur Ausgestaltung der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige
Dr. Thiede ist Leiter des Geschäftsbereichs Forschung und Entwicklung der DRV. Er berichtete, dass die DRV je eine Arbeitsgruppe zum Thema „Altersvorsorgepflicht für Selbstständige“ und „Überarbeitung des Statusfeststellungsverfahrens“ eingerichtet hat. Die erste der beiden Arbeitsgruppen ist bereits weiter fortgeschritten und Thiede stellte uns den Stand der Diskussion vor, zu dem wir unmittelbar Stellung nehmen konnten.
Die Teilnehmer waren auf das Gespräch gut vorbereitet: BAGSV-Sprecher Andreas Lutz hatte bereits im Januar in Berlin ein mehrstündiges Gespräch mit Dr. Thiede geführt und den mitarbeitenden Verbänden im Rahmen einer Telko über dessen Ergebnisse berichtet. Bei der Telko hatten wir auch bereits eine ganze Reihe gemeinsamer Positionen verabredet.
Dr. Thiede nahm ausführlich zu unseren folgenden Fragen Stellung:
- Wer soll in die Altersvorsorgepflicht einbezogen werden? (Altersgrenze versus Berücksichtigung nur von Gründern)
- Was soll in welcher Höhe verbeitragt werden? Wie hoch wäre die resultierende Gesamtbelastung?
- Was soll als als Opt-out anerkannt werden? Lässt der Gesetzgeber einen echten Wettbewerb mit attraktiven Alternativen zu?
- Was bedeutet „bis zur Mindestsicherung“ im Koaltionsvertrag?
- Wie können wir in diesem Rahmen eine höhere Rechtssicherheit in Bezug auf Scheinselbstständigkeit erreichen?
- Woher soll die DRV erfahren, wer selbstständig ist, wie viel er an Altersvorsorge nachweisen muss und in welchem Umfang er das bereits tut?
- Wie soll mit nebenberuflich Selbstständigen umgegangen werden?
DRV will möglichst bürokratiearme Altersvorsorgepflicht
Die Diskussion lässt sich so zusammenfassen, dass die von Dr. Thiede an diesem Nachmittag vorgetragenen Vorstellungen relativ nahe an unseren eigenen Überlegungen zu einer sinnvollen Ausgestaltung lagen. Dazu trug bei, dass er eine möglichst bürokratiearme Lösung bevorzugt – schließlich muss die DRV das von der Politik Beschlossene umsetzen.
Wo Dr. Thiede uns nach unseren Empfehlungen oder Präferenzen fragte, konnten wir klare, abgestimmte Aussagen treffen, welche Optionen aus unserer Sicht besser wären.
Alle Gesprächspartner – auch Dr. Thiede – waren mit dem Niveau und der offenen Gesprächsatmosphäre sehr zufrieden. Dabei ist uns allen bewusst, dass die DRV zwar erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Altersvorsorgepflicht hat, aber letztlich die Politiker der Großen Koalition entscheiden. Schon im Koalitonsvertrag kam es diesbezüglich zu Überraschungen. Es ist gut zu wissen, dass es hier einige gemeinsame Vorstellungen und Interessen mit der DRV gibt.
Bezüglich des Themas Scheinselbstständigkeit erläuterten zahlreiche anwesende Verbandsvertreter Dr. Thiede eindringlich anhand konkreter Beispiele die bestehende Rechtsunsicherheit und ihre Folgen. Es wurde deutlich, dass die Verbände unabhängig von der Branche und Höhe des Einkommens ihrer Mitglieder massive Verwerfungen bei der Auftragsvergabe beobachten und unbedingt mehr Rechtssicherheit geschaffen werden muss.
Einigkeit bestand unter den Verbandsvertretern darüber, dass eine Lösung dieser Probleme Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung einer Altersvorsorgepflicht ist – ebenso wie weitere Entlastungen in Bezug auf die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für Selbstständige notwendige Voraussetzung sind.
BAGSV bekommt eigene Website
Wir springen in unserem Bericht an dieser Stelle zurück zum Beginn der Veranstaltung. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde stellte Jan-Peter Wahlmann von der Allianz Deutscher Designer (AGD) eingangs den Designentwurf und weiteren Fahrplan für die BAGSV-Website vor.
Das Design war schon beim letzten Treffen von Victoria Ringleb präsentiert worden, eine ganze Reihe von Rückmeldungen eingearbeitet worden. Das Design in der vorgestellten Form wurde nach kurzer Diskussion verabschiedet, so dass die Website nun (sobald unser Webentwickler dafür Zeit hat) programmtechnisch umgesetzt werden kann.
Einige Inhalte haben wir bereits für eine vorläufige Webpräsenz erstellt, die momentan noch auf der Website des VGSD zu finden ist.
Die Verbände wurden um eine Reihe von Inhalten gebeten, die wir für ihre Darstellung auf der Website benötigen. Alle Verbände wurden zudem von Andreas Lutz gebeten, einen dreiseitigen Fragebogen auszufüllen, dessen Inhalte teils der Bedarfsermittlung (was soll die BAGSV leisten?) und Koordination dienen, teils als Inhalte für den geplanten internen Login-Bereich der BAGSV-Website benötigt werden.
Arbeitsgruppen eingerichtet zum Thema Medienpreis und Vorsorgewerk
Victoria Ringleb konnte leider nicht teilnehmen, hatte aber vorgeschlagen, ein Mailing an Politiker durchzuführen, dieser Plan wurde einhellig begrüßt.
Andreas Lutz, schlug die Auslobung eines Medienpreises vor, mit dem Journalisten ausgezeichnet werden, die sich kompetent, ausgewogen und verständlich mit dem Thema Selbstständigkeit befassen. Die Idee stieß auf große Zustimmung, es wurde angeregt über eine mögliche Ausgestaltung diskutiert. Es bildete sich eine Arbeitsgruppe, die einen detaillierten Vorschlag ausarbeiten wird.
Eine weitere Arbeitsgruppe bildete sich zum Thema „Versorgungswerk“. Sollte eine Altersvorsorgepflicht kommen und die Gründung eines privaten Versorgungswerks für Selbstständige sinnvoll sein, wollen wir hierzu mit dem Ziel kooperieren, unseren Mitgliedern ein möglichst kostengünstiges Angebot machen zu können, denn Vertriebs- und laufende Kosten mindern die Rendite der Altervorsorge.
Eine Alternative dazu wäre die Einrichtung eines berufsständischen Versorgungswerks für Selbstständige nach dem Vorbild der Versorgung kammerpflichtiger freier Beruf. Allerdings setzt dies voraus, dass der Gesetzgeber dies unterstützt. Andreas Lutz hat mit diesem Ziel vor und nach dem BAGSV-Treffen in Berlin mehrere Gespräche geführt.
Andreas stellte die bisherigen Einnahmen und Ausgaben der BAGSV vor sowie den Finanzbedarf für 2018. Die anwesenden Teilnehmer beschlossen eine Umlage von 300 Euro pro Verband für das 1. Halbjahr, abhängig von der Entwicklung kann es im zweiten Halbjahr zu einer weiteren Umlage in ähnlicher Höhe kommen, darüber werden wir dann getrennt entscheiden.
Verbände informieren sich gegenseitig und teilen sich Arbeit
Zu einem festen Bestandteil unserer Zusammenarbeit hat sich der Austausch über relevante externe Veranstaltungen zum Thema Selbstständigkeit entwickelt. Andreas hatte im Vorfeld die regelmäßigen Teilnehmer über relevante Veranstaltungen informiert, um sicherzustellen, dass immer einer von uns teilnimmt, vielleicht sogar auf dem Podium.
Beim Treffen wurden die Termine durchgesprochen. Im Nachgang informieren wir uns gegenseitig über die Ergebnisse, indem einer der Teilnehmer einen Bericht erstellt.
Diese Arbeitsteilung klappt hervorragend. In ähnlicher Form wurde auch über die Besetzung von für unsere Themen relevante Ausschüsse bei anderen Organisationen diskutiert. Hier stehen wir aber noch am Anfang.
Nur kurz wurde über Gespräche mit Politikern und politische Initiativen gesprochen – bei anderen Treffen bisher ein wichtiger Programmpunkt. Aufgrund der zum Zeitpunkt des Treffens noch nicht erfolgten Regierungsbildung waren die diesbezüglichen Aktivitäten in den letzten Monaten aber relativ gering. So war Zeit, das Gespräch mit Dr. Thiede vorzubesprechen (siehe oben).
Nächstes BAGSV-Treffen im Juni
Andreas stellte das beim VGSD durchgeführte Kameratraining für aktive Mitglieder vor. Daran, vor allem aber an einer gemeinsamen Veranstaltung in Brüssel bestand Interesse bei mehreren Verbänden.
Als Termin für das nächste BAGSV-Treffen wurde der 14. Juni 2018, 10:00 bis 16:30 Uhr vereinbart. Am Vorabend findet die Verleihung des Bonhoff-Preises statt, an der viele von uns teilnehmen werden, so dass sich das gut ergänzt.