(Update vom 13.12.17) Heute hat ver.di auf ihrer Facebook-Seite noch einmal nachgelegt und die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) heftig angegriffen.
Offenbar ärgert man sich gerade gewaltig darüber, dass unsere dieses Jahr erst gegründete Bundesarbeitsgemeinschaft über die dort mitarbeitenden Verbände schon jetzt mehr Selbstständige repräsentiert als ver.di – und versucht diese Zahlen duch Unterstellungen zu diskreditieren.
Ein früheres ver.di-Mitglied, das heute dem VGSD angehört, hat derweil recherchiert (Folgerecherche mit weiteren Quellenangaben) und uns geschrieben, dass ver.di im Jahr 2001 noch rund 50.000 selbstständige Mitglieder hatte. Nur drei Jahre später (2004) war plötzlich von nur noch 29.100 Mitgliedern die Rede, 2007 dann von 30.500. Seitdem scheint die Zahl bei rund 30.000 Mitgliedern zu stagnieren.
Rund 26.000 der 30.000 Mitglieder stammen offenbar von der früheren IG Medien (heute „Fachbereich Medien, Kunst und Industrie“ in ver.di) und gehört den Medienberufen an. Deshalb kommt ein Großteil der Mitglieder aus „Medienberufen“ wie freiberufliche Journalisten, Künstler, Grafiker und Übersetzer. Das bestätigt eine vor kurzem veröffentlichte Befragung unter 834 ver.di-Mitgliedern, bei der diese Berufsgruppen 75 Prozent der Befragten ausmachten.
Unsere Meinung
Ob ver.di nun 50.000 oder nur noch 30.000 Mitglieder vertritt, wir haben zu keinem Zeitpunkt das Recht der Gewerkschaft in Frage gestellt, ihre selbstständigen Mitglieder und die schwerpunktmäßig repräsentierten Berufsgruppen zu vertreten. Das ver.di-Referat und seine Vorgängerorganisationen haben sich in der Vergangenheit große Verdienste erworben um die Gruppe der Solo-Selbstständigen.
Nicht einverstanden sind wir aber mit dem Alleinvertretungsanspruch von ver.di und damit, dass die dortige Selbstständigenvertretung anderen Berufs- und Selbstständigenverbänden abspricht, von politischen Parteien wie der SPD gehört zu werden.
Statt in anderen Verbänden nur Bedrohung und Wettbewerb zu sehen, sollte das ver.di-Referat nach dem Motto „Wettbewerb belebt das Geschäft“ die erfolgreichen Aktivitäten anderer Verbände zum Ansporn nehmen, sich durch Sacharbeit hervorzutun und vielleicht sogar die Chance erkennen, dass man bei bestimmten Themen (z.B. Krankenversicherungsmindestbeiträge) zusammen mehr erreichen kann als zuvor alleine. Gemessen werden wir alle doch letztlich an dem, was wir für unsere Mitglieder konkret erreichen – und darauf sollten wir uns konzentrieren.
Wir bedauern, dass einzelne Mitarbeiter der ver.di-Selbstständigen uns gegenüber derart aggressiv und unsachlich auftreten und auf unsere wiederholten Einladungen zum Gespräch stets ablehnend reagiert haben. Wir halten das nicht für repräsentativ für ver.di insgesamt. Wir haben in den letzten Jahren mit zahlreichen ver.di-Mitgliedern und auch Hauptamtlichen Gespräche geführt und bei allen Unterschieden immer auch viele gemeisame Interessen festgestellt.
ver.di-Selbstständigen-Sprecher: Hinweis des VGSD auf Fehler in Parteitagsrede von Martin Schulz sei „eine Art, alternative Fakten zu schaffen“
(11.12.17) Jetzt hat sich auf der YouTube-Seite der SPD auch Gunter Haake von ver.di in die Diskussion über die Parteitagsrede von SPD-Chef Martin Schulz eingeschaltet. Der VGSD zuvor auf drei sachliche Fehler in dessen Rede hingewiesen. Die SPD hatte daraufhin Martin Schulz verteidigt, aber ein Interesse an einem konstruktiven Dialog bekundet.
Gunter Haake, Geschäftsführer der ver.di-Selbstständigenvertretung mediafon, findet das gar nicht gut und meint, es sei doch vielmehr der VGSD, der alternative Fakten schaffe. Auch stellt er in Frage, ob man mit solchen „Mini-Vereinen“ (der VGSD hat rund 3.000 Mitglieder) als Partei überhaupt reden sollte. Das hat er er wie folgt formuliert (den vollständigen Wortlaut findet ihr auf der YouTube-Seite der SPD):
Dass Martin Schulz „ein paar Zahlen und Berufssituationen durcheinanderwirft“ sei nicht optimal, aber letztlich eine lässlische Sünde. Der Hinweis des VGSD auf diese Fehler dagegen sei: „auch eine Art, alternative Fakten zu schaffen“. Es sei „unlauter, diesen kleinen Redeausschnitt in dieser Form zu interpretieren“.
Gunter Haake bezeichnet den VGSD als „wirtschaftsnahen Lobbyverein“, der seine Mitglieder klientelpolitisch bediene und der „nicht verstanden habe, wie ein Gemeinwesen funktionieren kann“. Im Gegensatz dazu sei ver.di „eine Erwerbstätigenorganisation, die auch gerne eine sozialpolitische Gesamtverantwortung trägt“.
Der SPD empfiehlt er, am besten nicht mit dem VGSD und anderen Berufsverbänden zu sprechen: „Der Schluss, die SPD solle nun lieber mit den Mini-Vereinen reden, die derart agitieren, ist zumindest nicht zwingend. Anders gesagt: Wer selbst nur einen Bruchteil der Selbstständigen vertritt und dann auch noch Selbstständige in Arbeitgeberfunktion, sollte vielleicht nicht unbedingt mit dem Brustton der Überzeugung behaupten, mit der Erneuerung der SPD sei es deshalb „nicht weit her“, weil ihm selbst keine zentrale Rolle in der Diskussion zukommt.“
Hintergrund: Die Gewerkschaft ver.di erhebt den Anspruch, die Interessen der Solo-Selbstständigen in Deutschland zu vertreten. Berufs- und Selbstständigenverbände wie der VGSD wollen Selbstständigen dagegen eine eigene, unabhängige Stimme geben und haben deshalb Anfang 2017 die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) gegründet, die ver.di offenbar als Wettbewerb wahrnimmt. Die in der BAGSV mitarbeitenden Verbände haben rund 100.000 Vereinsmitglieder.