Für den vergangenen Montag, 13.02.2017, hatten Andreas Lutz (VGSD) und Victoria Ringleb (AGD) unter Beteiligung von Tim Wiedemann (BdS Deutschland) zu einem Treffen von Selbstständigen- und Branchenverbänden nach Berlin eingeladen.
Das Ziel:
- herauszufinden, wo unsere Schnittmengen in Hinblick auf Themen wie Scheinselbstständigkeit, Rentenpflicht, Krankenversicherungsbeiträge liegen,
- zu besprechen, wie wir gegenüber der Politik in solchen Bereichen noch geschlossener und wirksamer auftreten können und
- wie wir gemeinsam Interessen unserer Mitglieder besser durchsetzen können.
Alle besonders aktiven Verbände eingeladen
Eingeladen hatten wir alle Verbände, die uns in den letzten Jahren als besonders aktiv aufgefallen waren – bei Treffen im Reichstag, beim BMAS in Workshops und zuletzt beim „Themenlabor“ und „Kamingespräch“ mit Ministerin Nahles.
Das Kamingespräch am 15.09.2016 war der Auslöser für uns, das Verbändetreffen zu initiieren. Unmittelbar vor dem Kamingespräch hatte Andreas Lutz eine Vorbesprechung organisiert und festgestellt, wie viel überzeugender die Verbände auftreten konnten, wenn sie zuvor eine Chance zum Gespräch miteinander hatten.
Zugleich trug die Politik explizit den Wunsch an uns heran, uns untereinander abzustimmen und Gesprächspartner zu benennen (den damit verbundenen Wunsch, dies solle unter Führung von Gewerkschaften erfolgen, werden wir allerdings nicht erfüllen).
25 Vertreter von 20 Verbänden anwesend
25 Vertreter von 20 Verbänden waren dann am Montag nach Berlin gekommen. Schon am Vorabend fand ein Get-together statt, das uns einander auch persönlich näher brachte: Das drückte sich auch darin aus, dass wir alle uns künftig untereinander duzen werden.
Das eigentliche Treffen fand im Haus der Kulturverbände, gleich gegenüber dem Bundesarbeitsministerium in der Berliner Mohrenstraße statt. Nach der Vorstellungsrunde hatten wir vier Verbandsvertreter gebeten, eine jeweils aktuelle Initiative vorzustellen – das Spektrum reichte von einer geplanten Veranstaltung zum Thema Scheinselbstständigkeit über ein Gutachten zum Thema Krankenversicherungsbeiträge bis hin zu einem gemeinsamen Positionspapier zum Thema Rentenpflicht.
Dabei wurde deutlich, dass es nicht darum geht, Kreativität und Engagement der einzelnen Verbände durch aufwändige Abstimmung zu bremsen, sondern die einzelnen Initiativen bekannt zu machen, gegenseitig zu unterstützten und zu verstärken (ohne den Zwang dass jeder Verband bei jeder Initiative mitmachen muss).
Ansprechpartner für die Politik, aber auch für Interviews, Podien, Gremien
Bei der Abfrage der Erwartungen waren wir uns schnell einig: Es geht darum, Ansprechpartner für die Politik bereit stellen zu können mit dem mittelfristigen Ziel, dass wir eingebunden werden und nicht wie bisher nur die Sozialpartner (Gewerkschaften und Arbeitgeber) mit am Tisch sitzen, wenn es um unsere Anliegen geht.
Anfragen von Medien, nach Speakern, für Gremien usw. wollen wir besser bedienen, indem wir uns gegenseitig empfehlen und so passende Gesprächspartner in der jeweiligen Region oder zum jeweiligen Thema zur Verfügung stellen.
Freiräume für offene Gespräche und bessere Abstimmung untereinander
Statt uns mal in der, mal jener Konstellation am Rande von Veranstaltungen zu treffen, wollen wir online und offline „Räume“ schaffen für das offene Gespräche und die interne Abstimmung untereinander. (Das nächste Treffen in großer Runde ist bereits für Anfang Mai vereinbart, darüber hinaus haben sich bereits erste Arbeitsgruppen formiert.)
Wir wollen uns besser kennenlernen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufbauen. Diese soll über Branchen- und Einkommensgrenzen hinweg auf Augenhöhe stattfinden. Wir wollen gemeinsam abgestimmte Forderungen aufstellen, statt uns gegeneinander ausspielen zu lassen.
Durch die verbesserte Koordination und Kommunikation untereinander wollen wir Doppelarbeit vermeiden, vohandene Ressourcen auf freiwilliger Basis teilen und somit arbeitsteiliger und effektiver vorgehen.
Bessere Abstimmung – gemeinsame Ressourcen
Ganz konkret haben wir direkt nach der Veranstaltung mit dem Aufbau gemeinsamer Kommunikationskanäle wie gemeinsame Dateiablage, Whatsapp-Gruppe usw. begonnen.
Mittelfristiges Ziel ist natürlich auch, die gegenseitigen Positionen besser zu verstehen, Schnittmengen zu finden oder gemeinsame Positionen zu entwickeln, die wir dann gezielt nach außen tragen.
Dass die Unterschiede dabei gar nicht so groß sind, wurde im Rahmen soziometrischer Aufstellungen deutlich: Wir luden die Teilnehmer ein, sich entsprechend ihrer Position zu Themen wie Positivkriterien, Alters- versus Rentenversicherungspflicht, wünschenswerte Höhe von Krankenversicherungsmindestbeiträgen usw. im Raum zu positionieren.
Oft gab es eine klare Mehrheit für eine Position und eine mehr oder minder große Minderheit für eine andere. Wir brachten die Teilnehmer aus den verschiedenen „Lagern“ zum Dialog mit den anderen über ihre Position. Es zeigte sich schnell, dass wir auch in solchen Fällen nicht weit auseinander waren und es eher um differenzierte Forderungen, branchenmäßige Besonderheiten etc. ging. Besonders groß war die Übereinstimmung beim Thema Rechtssicherheit / Scheinselbstständigkeit.
Mit großer Mehrheit beschlossen
Mit großer Mehrheit beschlossen wir dann die Gründung der „Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände“, abgekürzt BAGSV. Zur Wahl standen auch „Initiative Selbstständigenverbände“ und „Bundeskoordinationsstelle (Solo-)Selbstständige“.
Wir sprechen von „Selbstständigenverbände“, auch wenn die Mehrheit der BAGSV-Mitglieder Branchen- und Berufsverbände sind. Sie zeichnen sich durch einen hohen Anteil an selbstständigen Mitgliedern aus bzw. ihnen ist wichtig, diesen Teil der Mitglieder gut zu vertreten.
Wir haben keinen Verein oder eine ähnliche formale Organisation gegründet und erheben auch keinen Mitgliedsbeitrag. Wir wollen – gerade im Wahljahr – dass die Energie der Mitgliedsverbände sich auf politisch wirksame Initiativen konzentriert und nicht abgelenkt wird, die BAGSV soll den Mitgliedsverbänden auch keine Konkurrenz machen. Vielmehr geht es um eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit untereinander.
Andreas Lutz und Victoria Ringleb zu Koordinatoren gewählt
Zu Koordinatoren des BAGSV wurden die beiden Gastgeber Andreas Lutz und Victoria Ringleb gewählt, viele andere Teilnehmer stellten sich spontan als Ansprechpartner für bestimmte Themen oder Arbeitsgruppen zur Verfügung.
Die neuen Koodinatoren freuen sich über das Vertrauen der Verbändevertreter und die Wahl zur Koordinatorin bzw. Koordinator.
Die anwesenden Verbände und Initiativen haben schon bisher gut bilateral zusammengearbeitet. Durch die Arbeitsgemeinschaft können wir künftig noch effektiver und überzeugender auftreten. Für die Politik werden unsere Verbände zu einem noch ernster zu nehmenden Gesprächspartner.